Nachdem ich bei persönlichen Lebenskrisen -die immer auch familiäre Krisen waren- erlebte, dass mir weder Familientheraphien noch andere Therapheutische Werkzeuge wirklich weiterhalfen, kam ich durch einen „Zufall“ zum Familienstellen. Meist reichte schon eine Sitzung um das familiäre System zu durchschauen, die aktuell wirkenden Verstrickungen zu erkennen, und durch den daraus folgenden Erkenntnisprozess die Dinge wieder in eine angemessene Ordnung zu bringen. Immer wieder erlebte ich, wie sich durch das Erkennen von alten Mustern, die meist aus der frühkindlichen Zeit stammten, das ganze familiäre System zum Positiven änderte. Die meisten Therapeuten, die ich kennen lernte, arbeiteten nach dem großen Erneuerer des Familienstellens, nach Bert Hellinger. Nach einer ganz besonders effektiven und intensiven Einzelaufstellung verspürte ich den großen Wunsch, den Urheber des neuen Familienstellens einmal kennen zu lernen. Wieder ein mal kam mir der „Zufall“ zur Hilfe, und ich lernte einen Menschen kennen, der die Möglichkeit hatte, mich als Journalistin bei Sophie Hellinger, seiner Ehefrau, vorzuschlagen, um bei den jährlich stattfindenden Internationalen Hellinger-Tagen 2017 im Bad Reichenhaller Kongress-Zentrum als Presse dabei sein zu können. Ich wurde also eingeladen, das 10 Tage dauernde Treffen journalistisch zu begleiten. Da über Bert Hellingers Arbeit viel widersprüchliche Ansichten kursierten, war ich auf ihn um so mehr gespannt.
Ich war bestrebt, mir ein eigenes Bild von dem nun mehr 92jährigen Mann, der auch Autor von mittlerweile über 110 Büchern, in 38 Sprachen übersetzt, zu machen. Außerdem war ich auf die Frau an seiner Seite, Sophie Hellinger gespannt, die mich schon in den Youtube Videos mit ihrer direkten Art und ihrem großen Fundus an Wissen und Weisheit begeisterte. Ihre Herangehensweise beim Familienstellen inspirierte mich, ganz besonders meine Mutter mit anderen Augen zu sehen. Dies war eine ganz wunderbare Aufgabe für mich und nach kurzer Zeit konnte ich mich ihrer mütterlichen Liebe wieder mit ganzem Herzen öffnen. Welch eine Wohltat das für uns Beide ist, erleben wir nun immer wieder wie ein Wunder.
Ich mischte mich also unter 600 Teilnehmer aus 45 Nationen. Die meisten von ihnen kamen aus Brasilien, China,
Russland und Italien. Sie Alle gehören offensichtlich einer aufstrebenden Oberschicht ihrer Gesellschaft an. Denn Flug, Aufenthalt und Seminargebühren müssen ja auch erst einmal bezahlt werden. Viele junge Brasilianerinnen zum Beispiel, versuchen ihrem Land Gerechtigkeit und Frieden zu bringen, und üben deshalb einen Rechtsberuf, zB. den eines Richters, Anwalts, oder Staatsanwalts aus. Denn mit dem Familienstellen, so erklärte man mir, kann man auch schwierige politische Prozesse klarer erkennen, und so, vor allem als Anwalt leichter in einen friedenstiftenden Prozess kommen. Das Familienstellen wird also im Rechtswesen sowie in Firmen und Schulen, wie durch die Hellinger-Schule in Brasilien angeboten.
Begonnen haben die wahrlich Internationalen Hellingertage mit einem dreitägigen Meditationpraxis-Lehrgang den Sophie Hellinger und Anna Wagner abwechselnd leiteten. Der von Sophie Hellinger ins Leben gerufene „Cosmic Power Verein“, bietet mit dieser Praxis -deren Grundlage eine Atemtechnik ist, sowie die Lehre über die Energiezentren und deren Anwendungsmöglichkeiten- eine für Körper und Geist wohltuende Neuausrichtung . Ich selbst habe schon verschiedene Meditationstechniken ausprobiert, und meditiere seit etwa zwei Jahren regelmäßig. Sagte doch schon Carl Gustav Jung: “ Wer nach außen schaut, träumt; wer nach innen schaut, erwacht“. Noch nie aber, war mir eine Meditationstechnik so hilfreich, wie diese. Denn durch mehrmaliges bewusst maximales Ausatmen, und dem darauf folgenden, maximalen Einatmen, wird der Körper und der Geist bei Cosmic Power auf die Meditation optimal vorbereitet. Sophie Hellinger hat das mit einem Computer verglichen, der erst hochfahren muss, damit man ihn nützen kann. Das Schwierigste für die meisten war aber nicht das Atmen, oder das Stillsitzen in der Meditation, sondern etwas scheinbar ganz Einfaches. Die Aufforderung dem Vortrag mit einem Lächeln zu folgen und in der Meditation dasselbige zu tun,brachte so manch einen der Teilnehmer an seine Grenzen. Dabei ist Lächeln, so Sophie Hellinger, viel ökonomisch als Ernst drein zuschauen. Zum Lächeln braucht der Mensch nur 13 Muskeln zum Ernst schauen 113! Außerdem, ändert sich durch ein Lächeln, auch durch ein „aufgesetztes“ bis man es eben richtig kann, vieles im Körper. Dieser Vorgang ist messbar. 100 Millionen Zellen „hören“ mit, und reagieren, so S.H. unmittelbar. Dadurch wird eine neue Information für die Gesundheit in Gang gesetzt. So ist es laut Sophie Hellinger möglich kosmisch „Online“ zu sein, und sich als Sender und gleichzeitiger Empfänger mit der Quelle des Lebens zu verbinden. Diese Meditations-Technik dient als Vorbereitung, um mit den Energie-Zentren zu arbeiten, sei es um die heilkräftige Arbeit bei sich selbst und Anderen anwenden zu können. Auch dass wurde den Teilnehmern beigebracht, und mit ihnen geübt. Sophie Hellinger und Anna Wagner hatten ihre Augen quasi überall, damit auch jeder das Richtige lernt. Diese Methode, so Anna, ist ein starkes Werkzeug, und ein Gewinn für den der sich an die Vorgaben hält. Hier war die volle Aufmerksamkeit gefordert. Mit Hilfe der Übersetzer -chinesisch, russisch, portugisisch, italienisch, spanisch und englisch per Headset- wurde in all diesen Sprachen das Wissen um die Anwendung von Cosmic Power geteilt.
Wie wir wissen, ist anhaltender Stress die Ursache von mehr als der Häfte der Krankheiten. Die Atemarbeit vor der anschließenden Meditation – lächeln, Maximum ausatmen, Maximum einatmen- ermöglicht quasi im „Instant Verfahren“ ein nachprüfbares Ergebnis im Nervensystem, das unmittelbar den Stresslevel reduziert. Mit der Erfahrung von Verbundensein, der Rückverbindung mit allem existierenden, kehrt eine tiefe Ruhe ein, dieser kann man sich anvertrauen. Durch diese Erfahrung, des voll auszukostenden Atmens -wir atmen ein und aus, dabei handelt es sich um die gleiche Luft für Alle- verschwindet sehr schnell auch das Mißtrauen und die Angst vor dem Anderen, dem Fremden. Man öffnet sich, und bleibt dabei auf seinem „Platz“, jedoch in spürbarer Verbundenheit mit „Allem“. Dies ist eine perfekte Vorbereitung die Energiearbeit mit den Energiezentren.
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Dies war die optimale Vorbereitung aber auch für das neue Familienstellen, das seit 2008 von Bert und Sophie Hellinger angeboten wird. Die neue Art des Familienstellens, bei dem so wenig wie möglich gesprochen wird, und die langsamen Bewegungen der Stellvertreter, die Hinweise geben, was fehlt und was nötig wäre und was abrufbar ist, zeigt den Weg wie Heilung und Lösung möglich ist. Die Aufstellung operiert sozusagen innerhalb eines energetischen Feldes, in dem alles gespeichert ist. Es kann angeschaut und erlebt werden.
Das große Thema des Familienstellens nach Hellinger ist die Suche nach der verbindenden Liebe der Mutter, aber auch zum Vater. Vor allem wenn wir die Mutter ablehnen, oder die Rollen vertauschen, indem das Kind oder der bereits Erwachsene die Rolle der Mutter übernimmt, kann man durch das Aufstellen die verletzte Ordnung erkennen. Das ist wichtig, denn aus dieser verletzten Ordnung ergeben sich Spannungen und das Gefühl der Ablehnung, obwohl man andererseits „Alles“ für die Mutter tut. Wenn wir die Mutter ablehnen, so S.H. die die Quelle des Lebens ist, lehnen wir damit auch uns Selbst ab. Für Krankheit und seelische Dissonanzen, wie das Ausbleiben von beruflichem Erfolg sind die Tore geöffnet. Der Preis dafür ist hoch. Durch einen anderen Blick, eine andere Liebe, kann also ein Prozess initiiert werden, der die Ordnung, und somit den freien Fluss des Lebens wieder zur Fülle bringt.
So nimmt uns das Familienstellen mit in eine andere Liebe die bleibt.“ sprach Bert Hellinger, der mit ehrerbietigem fast schon andächtigen Applaus vom Publikum begrüßt wurde. Der nun schon 92 jährige, der bereits in seinem 25. Lebensjahr die „Andere Liebe“ kennenlernen durfte, und dessen Augen gemeinsam mit seinem Lächeln Zeugnis davon gaben, wie tief er diese in jedem Moment erfährt, ist aber kein weichgespülter, kritikloser Zeitgenosse. Als sich ein Brasilianer für eine Aufstellung auf die Bühne zwischen Sophie und ihn setzte, und sich sein Ego während der Darstellung seines Problems immer mehr aufblähte -während
Sophie Hellinger mit großer Geduld zuhörte- beugte Bert Hellinger sich nach längerem Zuhören mit einem kleinen Schalk in den Augen zum Probanden hinüber, sagte lächelnd: „Rabbish“, und schickte ihn ohne Aufstellung wieder in den Saal zurück. Für so etwas hat er keine Zeit, wer nicht auf den Punkt kommt, ist raus. Solche Vorkommnise kreideten ihm in der Vergangenheit so manch einer in der Familienaufsteller-Szene an. Nur wer wirklich in der Lage war, hinzuschauen wo es weh tut, damit Veränderung beginnen kann, hat bei ihm eine Chance. Eine große Chance für die Zukunft.
Warum vor allem das „Publikum“ beim Familienstellen so wichtig ist, und warum es besonders wirksam ist, wenn besonders viele Menschen zuschauen erklärte uns Sophie Hellinger folgendermaßen. „Wir brauchen euch als Zuschauer, damit der Tanz der Moleküle beginnt“. Denn, so S.H., genauso wie in dem bekannten Quantenphysik- Experiment verändern sich die Moleküle in dem Moment, in dem sie beobachtet werden. In den wässrigen, menschlichen Zellmolekülen, und deren dazugehörigen Feldern, ist also alles gespeichert. Das geht so weit, dass eventuell Großvaters Kriegserlebnisse auch heute noch im Kind und Enkelkind gespeichert sind. In dem kürzlich im Kösel Verlag erschienen Buch „Dieser Schmerz ist nicht meiner“, „Wie wir uns mit dem seelischen Erbe unserer Familie aussöhnen“ von MarkWolynn beschreibt der Autor wie die Verstrickungen mit unseren Ahnen unser Leben beeinflussen. Auch er ist der Meinung, das wenn wir die unsichbaren Fäden der Familiengeschichte entwirren, wir deren Einfluss auf uns enträtseln können, indem bislang Verdrängtes sichtbar gemacht wird.
Natürlich dachte ich darüber nach, mich zu einer Aufstellung als Stellvertreter oder für eine eigene Aufstellung zu melden, ich sah allerdings davon ab, denn die letzte Einzelaufstellung mit dem Therapeuthen Uwe Heymann aus Traunstein wirkte als innerer Prozess immer noch nach, und bekam ausreichend Futter in diesen Tagen, um tiefer in auch nicht so angenehme Gefühle hineinzugehen und genauer hinzuschauen. Denn schließlich sind Gefühle keine Krankheit, im Gegenteil, wer hinschaut, und sich auch noch für die „schlechten Gefühle“ bedankt, ist bereits auf dem Weg der Erkenntnis und der Veränderung.
Das „Danke-Sagen“ hat bei S.H einen großen Stellenwert. Vor allem, wenn es darum geht, unliebsame Dinge im Leben zu aktzeptieren, ist das „Danke“ der Katalysator für eine Transformation der Probleme. Diese Veränderung, so S.H., passiert, wenn man im Vertrauen auf sein eigenes Schicksal loslassen kann, auch das Altvertraute.
Um möglichst viele Menschen, die diesen Weg gehen wollen, um weiter zu kommen, zu unterstützen, hat sich S.H. kürzlich entschlossen, ihre Cosmic Power-Seminare in Zukunft kostenfrei anzubieten. „Ich möchte Verantwortung übernehmen um ein neues Weltbild erfahrbar zu machen, und habe keine Lust mehr etwas zu verkaufen, denn der Andere hat ein Recht darauf, genau das zu bekommen, was er will. Das ist ihre Art dem Leben „Danke“ zu sagen. „Doch was nichts kostet, ist nichts Wert“, so S.H. So kann ein jeder Teilnehmer geben, was ihm möglich ist. Mit dem Geld werde sie Menschen unterstützen, welche sich die Seminare bisher nicht leisten konnten.
Zwei Tage vor dem Ende des internationalen Treffens wurde bei einem Gemeinschaftsabend ausgelassen gefeiert. Alle Sorgen waren vergessen. Vor allem die Brasilianer wissen wie man richtig Party macht! Sie haben es uns gezeigt! Durch die intensive, befreiende Atemtechnik konnte man sich ja zuvor schon ausgiebig dem Lebensgenuss hingeben, und nun diese erlebte Lebensfreude im Tanz und in der Musik transformieren. Der Atem und bei einigen der Teilnehmer offensichtlich auch der Tanz, ist ein zuverlässiges Transportmittel zu uns selbst, zu unserer Mitte. Wir Leben, weil wir Atmen. Und wir haben die Möglichkeit in diesen Tagen gezeigt bekommen, uns bewusst und genussvoll mit ihm auf eine natürliche Weise zu verbinden. Frei nach Goethe: Im Atemholen sind zweierlei Gnaden: Die Luft einzuziehen, sich ihrer entladen; Jenes bedrängt, dieses erfrischt; so wunderbar ist das Leben gemischt. Du danke Gott, wenn er dich presstt, und dank ihm, wenn er dich wieder entlässt.“ Barbara Heigl

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